Glauben.Leben (6) – Vom Mut zur Pause

Wenn das gemeinsame Osterfest ausfallen muss, sind plötzlich alle gefragt! Im Blog gibt's Stimmen und Anstösse.


Keine öffentlichen Gottesdienste – keine Orgel. Das erlebe ich zum ersten Mal in meinem Leben. Fragen drängen sich auf: Wie wird Ostern sein? Wie wird das für mich als Organistin sein? Schließlich freue ich mich immer sehr auf die Osternacht und den Festgottesdienst am Ostersonntag.
Das Osterfest ist für mich als Christin und als Kirchenmusikerin das größte Fest des Jahres: Palmsonntag, Gründonnerstag, Karfreitag und dann Ostern. Wir gehen dabei durch alle Gefühlslagen (Angst, Unsicherheit, Trauer, aber auch Gemeinschaftserleben, Trost und Freude) und enden im Jubel und Osterlachen: Ha-(haha)-leluja! Wie liebe ich es, dies auf der Orgel auszudrücken. Dieses Jahr wird die Orgel jedoch auch an Ostern schweigen. Ich freue mich darauf, das erste Mal wieder in einem Gemeindegottesdienst die Orgel erklingen zu lassen und den Jubel nachzuholen: Schließlich feiern wir jeden Sonntag Ostern.

In meinem Hauptberuf erlebe ich derzeit ebenfalls eine ungewohnte Stille. Als Psychologin arbeite ich mit beeinträchtigten jungen Menschen in der Berufsvorbereitung und Ausbildung. Wo normalerweise über 100 Menschen die Flure beleben, herrscht jetzt gähnende Leere. Wir halten natürlich Kontakt über Telefon, Internet und Post, doch das ist nicht dasselbe. Ich freue mich auch hier auf das erste persönliche Wiedersehen.

Wie sollen wir damit umgehen, dass wir durch die Pandemie zu einer Pause unseres gewohnten Alltags gezwungen werden? Da kommt mir ein wichtiger Ausspruch meines Orgellehrers Willibald Bezler in den Sinn: In den Pausen geschieht die Musik.

Was mache ich als Organistin in einer Pause eines Musikstückes? Ich lasse die Musik nachklingen. Dabei achte ich darauf, was die Musik auslöst, welche Gedanken und Gefühle kommen. Diese können jedweder Couleur sein, was die Musik ja erst richtig interessant macht, und sie beeinflussen mein weiteres Spiel. Natürlich geschieht dies beim Orgelspielen sehr schnell.

Die einzelnen Schritte lassen sich allerdings auch auf unser Leben übertragen. Dabei können wir uns für die einzelnen Schritte ausreichend Zeit lassen und so die Pause nutzen bzw. eben „in der Pause die Musik geschehen lassen“. Normalerweise übertönen wir, was uns bewegt. Aktuell werden wir aber vermehrt zur Stille und damit zum In-uns-hinein-Hören gezwungen, was wir als Chance betrachten dürfen:
  1. HÖREN – Hinhören nach außen
  2. STILLE – Hinhören nach innen
  3. GLAUBEN – Annehmen
  4. DIENEN – Handeln, die Seele singen lassen
Schön zusammengefasst finden wir dies im Text des Gotteslobliedes Nr. 448:
Herr, gib uns Mut zum Hören auf das, was du uns sagst.Wir danken dir, dass du es mit uns wagst.
Herr, gib uns Mut zum Dienen, wo’s heute nötig ist.Wir danken dir, dass du dann bei uns bist.
Herr, gib uns Mut zur Stille, zum Schweigen und zum Ruhn.Wir danken dir: Du willst uns Gutes tun.
Herr, gib uns Mut zum Glauben an dich, den einen Herrn.Wir danken dir; denn du bist uns nicht fern.
Also versuche ich, keine Angst zu haben. Ich vertraue auf Gott; er wird unsere Lebensmelodie begleiten. Er ist der Grundton unseres Lebens - gerade in unseren Pausen können wir ihn hören - und er wird unser Schlusston sein.

Herzliche Grüße
Melanie Blattner