6. Schmerzensfreitag: Den Schweinehund überwinden

Gebote der Gelassenheit
Nur für heute werde ich etwas tun, wozu ich keine Lust habe. Sollte ich mich in meinen Gedanken beleidigt fühlen, werde ich dafür sorgen, dass niemand es merkt.

Liebe Schwestern, liebe Brüder,

nur für heute etwas tun, wozu ich keine Lust habe – das ist auf Grund der besonderen Umstände bei mir im Moment ein Dauerthema. Da kann ich nur einmal vom meinem Tagesablauf am letzten Mittwoch berichten. Oder ich kann mit dem Vorabend beginnen. Da sollte eigentlich das Abschlussessen des Kirchengemeinderates stattfinden. Wir wollten noch einmal gemeinsam schön Essen gehen und auf die gute gemeinsame Zeit zurück schauen. Essen gehen – Fehlanzeige. Statt dessen bleibt der aktuelle Kirchengemeinderat erst einmal noch im Amt bis sich der neue konstituieren kann. Also sich zum ersten Mal treffen kann.

Aber zum Mittwoch. Unsere Hausgemeinschaft trifft sich um 7:00 Uhr zur Laudes. Dem Morgengebet der Kirche in unserer Hauskapelle. Normalerweise wäre dann um 7:30 Uhr Messe in der Pfarr- und Wallfahrtskirche. Doch daraus wird nichts, statt dessen feiern wir in der Hauskapelle ohne Gemeinde. Ich muß auch auf die Gemeinde verzichten und die Gemeinde auf uns.

Dann frühstücken wir in der Hausgemeinschaft – aber mit Sicherheitsabstand. Dann kurz von weitem die Pfarrsekretärin begrüßt und schon geht es wieder an den Rechner. Eigentlich wäre heute Teamklausur in der Landpastoral, weil meine neue Kollegin ihren ersten Arbeitstag hat. Doch aus Sicherheitsgründen versuchen wir uns über eine Videokonferenz zu verständigen. Genau: versuchen, denn das Ganze ist mit Hindernissen belegt. Meine Kollegin aus Bettringen fliegt immer wieder aus dem System, und bei meiner Kollegin aus Waldstetten kommt der Ton nicht immer an.

Na Bravo.

Daher ruft meine Bettringer Kollegin über das Telefon bei mir an und ich stelle sie auf laut, damit die anderen beiden sie halbwegs hören können. Sehr mühsam alles und wirklich kein Spaß. Nach anderthalb Stunden Konferenz haben wir genug und es reicht uns.

Dann muß ich schnell den alternativen Ablauf der Karwoche regeln, denn um 13:00 Uhr ist Redaktionsschluss für das Kirchenblatt.

Während der Mittagspause kommt der nächste Anruf herein. Todesfall. Auch in dieser Zeit müssen wir unsere Toten begraben. Aber es gibt kein Requiem und keine gemeinsame Feier auf dem Friedhof. Der Priester steht allein am Grab und dann die Angehörigen alleine. Schlimm – aber auch eine solche Beerdigung muß organisiert werden.

Auch wenn Menschen heute einen Festtag haben – es ist nicht möglich sie zu besuchen und gemeinsam zu feiern. So drehe ich alleine eine Runde durch den Wald, wo ich auch einzelnen Menschen begegne, die auch etwas für ihre Gesundheit tun.

Zu Hause geht es am Rechner weiter – diese Arbeit hört irgendwie nicht auf.

18:00 Uhr Vesper in der Hauskapelle. Nach verschiedenen Telefonaten noch ein kleines Abendessen. Und der Tag ist fast vorbei. Vieles mußte ich heute machen, worauf ich keine Lust hatte.

Also das Gebot der Gelassenheit Überwinden voll und ganz erledigt? So einfach geht es nicht, denn da ist ja noch der zweite Teil:

Ich soll mich nicht beleidigt fühlen.

Ist das der Fall? Wie steht es da?

Schauen wir dazu in die Schrift (Mk 7,24-30):
Jesus brach auf und zog von dort in das Gebiet von Tyrus. Er ging in ein Haus, wollte aber, dass niemand davon erfuhr; doch es konnte nicht verborgen bleiben.  Eine Frau, deren Tochter von einem unreinen Geist besessen war, hörte von ihm; sie kam sogleich herbei und fiel ihm zu Füßen. Die Frau, von Geburt Syrophönizierin, war eine Heidin. Sie bat ihn, aus ihrer Tochter den Dämon auszutreiben. Da sagte er zu ihr: Lasst zuerst die Kinder satt werden; denn es ist nicht recht, das Brot den Kindern wegzunehmen und den kleinen Hunden vorzuwerfen. Sie erwiderte ihm: Herr! Aber auch die kleinen Hunde unter dem Tisch essen von den Brotkrumen der Kinder. Er antwortete ihr: Weil du das gesagt hast, sage ich dir: Geh nach Hause, der Dämon hat deine Tochter verlassen! Und als sie nach Hause kam, fand sie das Kind auf dem Bett liegen und sah, dass der Dämon es verlassen hatte

Jesus will zuerst die Tochter Syropönizierin nicht heilen. Aber er läßt sich von der Mutter belehren und spürt den großen Glauben der Frau. Jesus ist jetzt aber nicht beleidigt, weil ihm jemand sagt, daß er etwas tun soll, was er zuerst nicht im Sinn hat, sondern er bewirkt die Heilung der Tochter.

Liebe Schwestern, liebe Brüder,

manchmal sind es die Umstände, die uns zu Taten zwingen, die wir eigentlich nicht tun wollten, manchmal sind es Menschen, die uns eine Richtung vorgeben, die wir so nicht wollten. Doch wenn wir erkennen, daß es gut und notwendig ist, sollten wir es tun – und vielleicht so, daß niemand unseren Unmut merkt. Etwas, was gerade in dieser Zeit für jeden und jede tagtäglich gilt und für viele nicht einfach ist, denn wir sind alle in einer Spannungssituation und möchten vieles nicht tun und haben keine Lust darauf.

Daher einfach mal meine Lustlosigkeit überwinden.

Seien Sie herzlich gegrüßt und bleiben Sie bitte gesund!
Ihr Pfarradministrator P. Jens Bartsch