Tage wie diese: Kalte Sophie

Fir0002 / CC BY-SA
Pankrazi, Servazi und Bonifazi /
sind drei frostige Bazi.
Und zum Schluss fehlt nie /
die Kalte Sophie.

Ich frage mich ja jedes Jahr aufs Neue, woher die Eisheiligen wissen, wann sie dran sind, um fristgerecht allen frühsommerlichen T-Shirt-Hoffnungen einen herben Dämpfer zu geben.

Der leidenschaftliche Gärtner weiß: Pflanze nie / vor Sophie – was  in Alltagssprache übersetzt soviel heißt wie: Sommerreifen vor dem 15. Mai kannst du glatt vergessen.

Die Kalte Sophie ist für mich immer ein besonderer Tag. Ein besonders wichtiger. Nicht weil ich zwei grüne Daumen hätte und die Pflanz-Saison eröffnen will, sondern weil sie untrennbar mit zwei (nicht nur) mir lieben Menschen verknüpft ist.

Es gibt sie eben, Tage wie diese: besondere Tage, weil mit ihnen große, tiefe, heftige Gefühle verbunden sind. Ich meine nicht die Feiertage kollektiver Besinnungslosigkeit – auch wenn es in normalen Zeiten ein Erlebnis sein kann, in den USA den 4. Juli zu feiern. Oder für mich der 10. August nie wieder ein normaler Tag sein wird, seit ich als Jugendlicher in Süditalien das Fest des heiligen Lorenzo erleben durfte. Und verzaubert bin bis heute.

Aber schon der Weltkatastrophentag 11. September ist für mich ganz persönlich ein Tag, der nach einem gewissen Ritual verlangt. Natürlich weiß auch ich genau, wo ich damals war. Ich saß in einem Hotel in Los Angeles, und es dauerte mehr als einen quälenden halben Tag, bis ich annähernd ahnte, was da eigentlich vor sich geht. Mein Reisegrund war hinfällig, klar: abgesagt. Aber Gary, der damalige PR-Chef der Oper und ich, wir schreiben uns bis heute jedes Jahr an diesem Tag: 9/11 verbindet uns untrennbar.

Wieviel schöner sind die Tage, die mich unter weniger düsteren Vorzeichen mit Menschen verbinden! Die so wertvoll sind, dass sie zu Wegmarken nicht nur meines eigenen Lebens, sondern einer gemeinsamen Geschichte wurden. Die es absolut wert sind, aufgeschrieben und gefeiert zu werden.

Ich liebe diese "stillen Tage", die man Aussenstehenden gar nicht recht erklären kann. Und um ehrlich zu sein: auch gar nicht erklären will. 

"Geburtstag hat jede Kuh" – diese etwas rustikale Weisheit heisst ja nichts anderes als: das kann ja jeder... Sie gefällt mir: Weil sie mich daran erinnert, dass es so viel mehr Gründe gibt, das Leben zu lieben und zu feiern. Und weil sie mich animiert, meine ganz eigenen hohen Fest- und Feiertage zu haben.

Sollte mich an einem dieser Tage jemand fragen, ob er denn meinen Geburtstag übersehen habe oder irgendein Jubiläum, kann ich entwarnen: Ich feiere nur, dass wundervolle Menschen mein Leben verändert haben.

(Clemens Prokop)