Corona-Brief #22: Halbzeit zu Johannis

Liebe Freunde

es war doch gerade erst, dass ich einen Corona Brief schrieb und feststellte, dass in neun Monaten Weihnachten ist. Jetzt sind wir bereits am 24. Juni angelangt, und es sind nur noch sechs Monate bis Weihnachten.

Wenn wir uns das Jahr als Kreis vorstellen, dann steht dem 24. Dezember genau der 24. Juni gegenüber. An diesem Tag feiern wir die Geburt von Johannes dem Täufer. Im Heiligenkalender werden in der katholischen Kirche nur die Geburt von drei Heiligen gefeiert – einer davon ist Johannes. Also ein besonderer Tag. Für einen besonderen Heiligen.

Johannes kam aus gutem Hause, denn sein Vater war Priester am Tempel in Jerusalem. Er hätte Kariere machen können, doch er entschied sich, dem Ruf Gottes zu folgen. Er ging in die Wüste, aß Heuschrecken und Honig und bereitete sich auf sein öffentliches Wirken vor. Denn erfüllt vom Heiligen Geist rief er die Menschen zur Umkehr auf. Er taufte sie, um ihnen zu zeigen: Ein Neuanfang ist möglich, wenn ihr umkehrt. Er bereitete sie auf Jesus, den Sohn Gottes vor: den Neuanfang Gottes in der Welt.

Was mich an Johannes vor allem beeindruckt: Furchtlos sprach er Unstimmigkeiten an. Er nahm kein Blatt vor den Mund. Als sich König Herodes seine Schwägerin zur Frau nahm, nur um seine Machtposition zu festigen, kritisierte er das öffentlich. Was ihm Herodes übel nahm. Und noch mehr Herodias, seine neue Frau. Das kostete Johannes letztendlich seinen Kopf. Das war Johannes bewusst, doch er ging seinen Weg.

Johannes war wahrscheinlich für viele ein unbequemer Zeitgenosse. Und doch ist er für mich ein Vorbild. Denn er hatte den Mut, Unstimmigkeiten anzusprechen. Gleichzeitig hat er sich selbst zurück genommen, denn für ihn war klar: Der Sohn Gottes ist Jesus aus Nazaret. Auf diesen hat er hingewiesen. Im Johannes-Evangelium lesen wir, wie er zu den beiden Jüngern sagt: Seht, das Lamm Gottes.

Er sagt das sogar gleich zweimal.

Der Auftrag gilt auch für uns in doppelter Hinsicht: Missstände ansprechen und auf Christus hinweisen. 

Wenn wir in einem halben Jahr in trauter Runde und entspannt Weihnachten feiern wollen, dann ist es jetzt wichtig zu schauen, was ist möglich und was nicht. Es nicht zu übertreiben. Darauf aufmerksam zu machen, daß Corona noch nicht vorbei ist und wir uns dementsprechend zu verhalten haben. Da machen wir uns nicht immer Freunde – aber geht es darum, nur bloss nirgendwo anzuecken? 

Für Johannes den Täufer ging es um die Sache und die Menschen und nicht um seinen eigenen Vorteil. 

Für mich ist das immer wieder beeindruckend und vorbildhaft.

Vielleicht können wir ja ein wenig von ihm in uns aufnehmen?

Einen gesegneten Johannistag wünsche ich allen von Herzen

P. Jens Bartsch,
Pfarradministrator